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PostPosted: 30 Jul 2012 08:57 
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Joined: 05 Jan 2011 16:45
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Beim Einstieg in den Streckenbau nach Vorbild und dem Umgang mit Landkarten und Luftbildern wird man sehr wahrscheinlich die Frage stellen, wie das eigentlich funktioniert, dass sich Karten und Bilder trotz unterschiedlicher Abmessungen und Maßstäben überraschend passgenau zusammenfügen.

Daher dieser Versuch einer Darstellung der grundsätzlichen Zusammenhänge rund um Geokoordinaten und ihr Nutzen für den Trainz-Streckenbau.

Nicht abschrecken lassen. Das Hintergrundwissen ist hilfreich für ein tieferes Verständnis, aber überhaupt keine Voraussetzung, um TransDEM effizient nutzen zu können. Im Gegenteil, ein Werkzeug wie TransDEM ist nur sinnvoll, wenn es die ganze Mathematik und Geodäsie dahinter soweit wie irgend möglich verbirgt, so wie beim Auto-Navi.

Durch das Auto-Navi und ähnlicher Anwendungen auf dem Smartphone kennen wir Geokoordinaten in der Praxis. Die GPS-Satelliten liefern uns unsere aktuelle Position, in Länge und Breite, in Geokoordinaten. Auf dem Navi oder Smartphone sind Karten oder Luftbilder gespeichert, die wiederum entweder direkt aus Geokoordinaten bestehen, sogenannte Vektorkarten, oder – Luftbilder – einen festen Geokoordinaten-Bezug aufweisen. Letzteres nennt man auch Georeferenzierung. Zweck der Übung ist schnell erklärt: Karten, Luftbilder und Positionsbstimmungssysteme wie GPS sprechen alle eine gemeinsame Sprache, die der Geokoordinaten. Damit kann man sie zusammen nutzen, ohne dass der eine vom anderen weiß. Das GPS-System hat keine Ahnung, welche Karten in einem Navi zum Einsatz kommen. Und die preußische Landesvermessung vor dem ersten Weltkrieg hatte nicht die geringste Vorstellung davon, dass es einmal Satelliten zur Ortsbestimmung geben würde. Und doch passt beides zusammen. Die preußische Landkarte spricht zwar eine leicht abweichende Koordinatensprache, d.h. sie hat ein etwas anderes Geokoordinatensystem. Aber da gibt es recht genaue Übersetzungsanweisungen.

Der Sinn und Zweck einer maßstäblichen Landkarte sollte auch klar sein: Bezüge zwischen Orten herzustellen, Richtung, Entfernung, Wege, usw. Dabei sind uns bei normaler Anwendung die tatsächlichen Koordinaten ziemlich egal. Wir benötigen nur die relativen Angaben, Adorf liegt 10km südlich von Bhausen.

Und so funktionieren auch die Trainz-Baseboards. Da gibt es ein orangefarbenes 10m-Raster, und auch noch ein paar Lineale und einen Kompass und schon können wir bauen. Wir legen eine willkürliche Position fest, nennen sie Bf Adorf, und wissen, dass Bf Bhausen bezogen auf Bf Adorf 10km weiter nördlich platziert werden muss und messen das aus. Nun kann es sein, dass die 10km zwischen den beiden Bahnhöfen nur langweilige Wiesen und Felder sind, und wir als Streckenbauer eigentlich lieber erst mal nur den Bf Bhausen bauen wollen und uns um die Strecke dazwischen später kümmern. Würden wir aber einfach einen beliebigen Punkt auf einem separaten Baseboard für Bhausen festlegen, ohne auszumessen, können wir ziemlich sicher sein, dass es nie genau 10km von Adorf sein werden.

Hier kommen jetzt die Geokoordinaten ins Spiel, und zwar in der Form der Kartenprojektion. Die Entfernungsmessung war immer eine der wesentlichen Aufgaben von Landkarten und auch Seekarten. Seefahrer können auch prima mit Länge und Breite rechnen. Die Art der Seekartendarstellung – die sogenannte Projektion – und die Erfindung der nautischen Meile erleichtern das. An Land war das auf die Dauer zu umständlich.

Mit der realen Erdoberfläche ist das mit dem Meter abzählen aber auch nicht so einfach. Bekanntlich ist die Erde rund, näherungsweise eine leicht abgeflachte Kugel, mathematisch ein Rotationsellipsoid. Unsere Karte aber ist eben. Auch die Trainz-Strecke ist es (trotz Höhenunterschieden durch Geländeformung). Idealerweise wollen wir hierauf eine X-Achse und eine y-Achse auftragen und dann sagen, Adorf liege bei einem x und y von 0, und Bhausen bei x immer noch 0, y aber 10 km. Trainz hat intern tatsächlich ein solches Koordinatensystem, abgekürzt TWC (Trainz World Coordinates). Man kann es mit einer Option auch sichtbar machen.

Zurück zur runden Erde. Versuchen wir die Erdoberfläche plattzuklopfen. Nehmen wir eine Apfelsinenschale als Beispiel. Wir stellen fest, das mit dem Plattklopfen geht nicht ganz ohne Verluste. Es gibt Verzerrungen (und Apfelsinensaft auf den Fingern). Die Verzerrungen sind nicht zu vermeiden, sie liegen in der Natur der Sache, Kugel oder Ellipsoid gegen Ebene. Die Geodäten unter den Mathematikern haben erfolgreich versucht, Kompromisse zu finden, so dass wir vom Apfelsinensaft verschont werden. Der Herr Mercator, der die Seekarte erfunden hat, spielt dabei ein größere Rolle. Der nimmt statt der (Erd-)Kugel einen Zylinder, projiziert die Kugeloberfläche auf die Zylinderoberfläche mittels mathematischer Formeln und wickelt die Zylinderoberfläche auf Papier ab. Das Ergebnis kennen wir. Grönland so groß wie Afrika und die Antarktis ein gewaltiger schier endloser Kontinent. Im kleinen und weit weg von den Polen aber durchaus brauchbar. Der Mathematiker Gauß und der Geodät Krüger entwickelten die Mercator-Projektion weiter, es entstand die Gauß/Krüger-Projektion, die sich – mit anderen Parametern – auch international durchgesetzt hat. Weltweit genutzt und in der EU zur Norm erhoben ist es die UTM-Projektion, die „universelle transversale Mercator“-Projektion.

Kern von Gauß/Krüger und damit UTM ist die Drehung der Zylinderachse und Beschränkung auf Gebiete nahe des Koordinaten-Nullpunktes. Bei Mercator geht die Zylinderachse durch die Pole der Erdkugel. Bei Gauß/Krüger hingegen durch den Äquator, aber nicht an einer Stelle, sondern an vielen, den „Meridianstreifen“, oder – bei UTM – den „Zonen“.

Die UTM-Projektion habe ich auch in TransDEM verwendet. Die Koordinaten sind Meter. Sie werden gemessen als Nordwert vom Äquator aus und als Ostwert von einem Längengrad aus, dem Mittelmeridian einer Zone. Beim Ostwert packt man noch 500km drauf, um immer positive Zahlen zu haben.

In UTM-Koordinaten liegt Adorf dann vielleicht bei Ost 523000 (im Beispiel 23km östlich vom Mittelmeridian) und bei Nord 5607000, d.h. 5607 km nördlich vom Äquator. Bhausen liegt in UTM bei Ost 523000 und Nord 5617000, nämlich immer noch 10km nördlich von Adorf.

In TransDEM (und auch in MapMaker von Norbert Aust) gibt es eine feste Beziehung zwischen Baseboard-Kanten und UTM-Koordinaten. Trainz-Baseboards sind bekanntlich 720 x 720 m groß. TransDEM zählt nun vom UTM-Nullpunkt (Schnittpunkt Äquator und Mittelmeridian) tatsächlich Baseboards ab. Die passen dann immer zusammen, selbst wenn man stückweise baut. Die Position auf dem Baseboard ergibt sich aus dem Divisionsrest UTM-Koordinaten durch Baseboardgröße. Mit diesem recht einfachen „Trick“ kann man also ein Baseboard für Adorf anlegen und davon vollkommen getrennt ein zweites für Bhausen. Da die genaue Platzierung von Adorf und Bhausen auf den jeweiligen Baseboards aber nicht willkürlich erfolgt, sondern mittels der UTM-Koordinaten und deren fester Abbildung auf Baseboards, wird man separat erstellte Module für Adorf und Bhausen später in Trainz nahtlos zusammenfügen können, und die Entfernung zwischen beiden Orten wird exakt 10km betragen.

Für manche Streckenprojekte werden originale Gleispläne genannt. Die sind hierzulande als maßstäbliche IVL-Pläne 1:1000 zwar nicht öffentlich, andererseits auch kein Staatsgeheimnis und kursieren zumindest in älteren Ausgaben auch in der Fangemeinde. Die IVL-Pläne tragen ebenfalls Geokoordinaten. Das sind die regelmäßigen kleinen Kreuze am Rand, mit wilden Zahlen beschriftet, sogenannte Gitterlinienschnittpunkte. Die Zahlen sind leicht verklausulierte Gauss/Krüger-Koordinaten, also nicht UTM.

Wenn auch das mathematische Modell der Projektion identisch zu UTM ist, die Parameter sind es nicht. So wird u.a. ein anderer Elliposid – eine andere modellhafte Form der Erde – als bei UTM verwendet, der zudem anders liegt als beim globus-umspannenden UTM. Diese Modellierung nennt man das „geodätische Datum“. Beim deutschen Gauß/Krüger-System bezieht man den Ellipsoiden auf Potsdam (preußischer Einfluss), bei UTM verwendet man einen weltweiten Kompromiss namens WGS84 (World Geodetic Datum 1984).

Die Umrechnung zwischen Gauß-Krüger/Potsdam und UTM/WGS84 ist aber bekannt und theoretisch auch beliebig genau durchzuführen. TransDEM verwendet eine deutschlandweit gültige Umrechnung, mit mehr als ausreichender Genauigkeit für alle Karten, Pläne und Luftbilder, die mit TransDEM verarbeitet werden.

Im Idealfall nimmt man also seine IVL-Gleispläne, georeferenziert sie in TransDEM (sagt TransDEM, wo die Kreuzchen auf dem Plan liegen und welche Zahlen dran stehen), und transferiert sie über Texturträgerobjekte auf das Trainz-Baseboard, als Schablone für den Gleisbau. Vorher hat man sich schon die ganze Umgebung aus anderen Karten besorgt, zum Beispiel aus einem Online-Kartendienst der Länder (WMS), oder von einem Online-Kachelkarten-Anbieter wie Open-Street-Map. Luftbilder, sogenannte Orthofotos kann man ebenfalls verwenden. Trotz unterschiedlicher Maßstäbe und unterschiedlicher Quellen, alles passt zusammen, dank Geokoordinaten.

Selbst die digitalen Höhendaten, von denen in diesen Ausführungen gar nicht die Rede war, fügen sich wunderbar ins Schema. Denn auch Höhendaten sind Karten mit Geokoordinaten.


Die Originalfassung dieses Beitrags erschien im August 2011 im TrainzDepot.


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